Semantische Segmentierung alter Karten
Historische Karten enthalten wertvolles Wissen über die Vergangenheit. Um dieses Wissen jedoch aus historischen Karten extrahieren und nutzbar machen zu können, ist es häufig erforderlich, die enthaltenen Informationen manuell in einem zeitaufwendigen und repetitiven Verfahren zu verarbeiten und in ein computerlesbares Format zu übertragen.
Unter der ”Digitalisierung” historischer Karten wird typischerweise der Prozess des Einscannens und anschließenden Speicherns dieser Karten als Bilddateien in Datenbanken verstanden. Dabei wird zwar das visuelle Abbild der Karte bewahrt, das semantische Wissen – beispielsweise Informationen zu Landnutzungsklassen oder markanten Objekten – bleibt jedoch verborgen. Eine computergestützte Verarbeitung und Nutzung dieses Wissens ist somit nicht möglich.
Um das Wissen aus historischen Karten ohne aufwendige manuelle Informationsgewinnung zugänglich zu machen, sind innovative automatisierte Verfahren erforderlich, die semantische Informationen extrahieren und in einem computerlesbaren Format speichern. In den letzten Jahren haben Verfahren, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basieren – insbesondere solche aus dem Bereich des Deep Learning – technologisch führende Ergebnisse in der semantischen Interpretation und Analyse historischer Karten demonstriert (Arzoumanidis et al., 2023; Wu et al., 2023).
KI-basierte Verfahren benötigen jedoch eine große Anzahl an Trainingsinstanzen, um Modelle zu entwickeln, die eine erfolgreiche Lösung der zugrunde liegenden Aufgaben ermöglichen. Historische Karten weisen jedoch häufig eine hohe Heterogenität in Bezug auf Farben, Geometrien und Beschriftungen auf, wodurch geeignete Trainingsdaten oft fehlen. Dies stellt eine erhebliche Herausforderung für die computergestützte Analyse mittels KI-Methoden dar.
In einer Masterarbeit an der Universität Bonn konnten wir zeigen, wie sich automatisiert Trainingsinstanzen für einen spezifischen historischen Kartenkorpus, am Beispiel der Karten von Julius Straube, generieren lassen. Kern des Verfahrens ist die Idee, synthetische Kartenausschnitte im Bildformat zu erzeugen, die den Stil der originalen Karten eines Korpus möglichst genau nachahmen. Diese Trainingsinstanzen wurden anschließend genutzt, um die computergestützte Extraktion von Landnutzungsklassen mithilfe des KI-basierten Verfahrens von Arzoumanidis et al. durchzuführen.
Wir bedanken uns herzlich für die Bereitstellung des Kartenwerks von Julius Straube durch die Staatsbibliothek zu Berlin. Weitere Details zur Methodik und den erzielten Ergebnissen werden in einer laufenden Veröffentlichung in Kooperation zwischen der HafenCity Universität Hamburg und der Universität Bonn vorgestellt, die nach ihrer Fertigstellung hier verlinkt wird.
Referenzen
Arzoumanidis, L., Knechtel, J., Haunert, J.-H. and Dehbi, Y., 2023. Self-constructing graph convolutional networks for semantic segmentation of historical maps. Abstracts of the ICA. 31st International Cartographic Conference 6, pp. 11.
Wu, S., Chen, Y., Schindler, K. and Hurni, L., 2023. Cross-attention spatio-temporal context transformer for semantic segmentation of historical maps. In: Proceedings of the 31st ACM International Conference on Advances in Geographic Information Systems, SIGSPATIAL ’23, Association for Computing Machinery, New York, NY, USA.
Weiteres Projekt mit der HafenCity Universität Hamburg
Kontakt
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Institut für Geodäsie und Geoinformation
Prof. Dr. Ing. Jan-Henrik Haunert / haunert@igg.uni-bonn.de
HafenCity Universität Hamburg, Computational Methods Lab
Prof. Dr. Ing. Youness Dehbi / youness.dehbi@hcu-hamburg.de
Lukas Arzoumanidis, M.Sc. / lukas.arzoumanidis@hcu-hamburg.de
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